Die Saga Aventuriens - Kapitel V

Das Jahr des Feuers

Wenn Federn golden fallen...

Der Magier nahm einen tiefen Zug aus seiner Pfeife, zog das Pergament aus der Lederhülle, die sicherlich mehr als 1.000 Meilen zurückgelegt hatte, und brach das Siegel. Als er mit der Hand über das Papier strich und leise murmelte, begannen die konfusen Buchstaben auf dem Pergament zu tanzen und ihren Platz zu wechseln. Langsam ließ er sich in sein Kissen zurücksinken, und begann zu lesen.

„Verehrter Meister

Ich kehre soeben aus den Salamandersteinen zurück, wo ich gar Seltsames erlebte. Davon muss und will ich Euch berichten.

Wie geheißen war ich dabei, verborgene und verlorene Relikte aus der untergegangen Zivilisation der Spitzohrigen zu suchen, als sich eines lauen Abends ein greiser Wandersmann zu mir ans Feuer gesellte. Er stellte sich mir nicht vor, doch sprechen die Bewohner des Umlandes seit Langem von einem Wanderer, der das Gebirge durchstreift und so manchem Verirrten den rechten Weg nach Hause gewiesen hat.

Der Wanderer bat mich um etwas Brot und Fleisch. Im Gegenzug teilte er vorzüglich frisches Wasser mit mir. Gar fühlte ich meine Essenz erfrischt. Er fragte mich dieses und jenes, und gab sich kaum Mühe zu verbergen, dass er sehr an meine Mission interessiert schien. Aber macht Euch keine Sorgen, Meister. Ich gab nichts Preis – im Gegenteil. Durch geschickte Lügen und Doppeldeutigkeiten führte ich ihn in meiner Schilderung auf eine komplett gegensätzliche Fährte.

Nachdem der alte Knabe sich verabschiedet und mich verlassen hatte, legte ich meine Decke zurecht und schlief recht bald ein. Doch was ich in dieser Nacht träumte, lag fern von allem, was ich erwartet hatte.

Das, was ich Euch so dringend berichten muss folgt nun. Seid Euch gewahr, dass ich die Erinnerung bei meinem Leben wiedergebe ohne etwas zu erdichten oder zu verschweigen.

In verschwommenen Bildern sah ich eine Gruppe von sechs Gefährten, die von der Kaiserstadt aus aufbrach und in die Schwarze Sichel reiste. Durch die heutige Wildermark führte wohl ihre Reise, durch das Schild des Reiches, tief hinein in die unwirtliche Gegend direkt am Grenzland zu den Schwarzen Reichen. […]

Quer durch den Wald, umgeben von dichtem Gehölz, bahnten sich die Gefährten ihren Weg. Gar glaubten sie sich beobachtet durch Schrate und sonstige Wesenheiten. […]

So hörten die Gefährten des Nachts schreie, wie von riesigen Vögeln, in der Ferne. Bauern und Tagelöhner berichteten des Tags immer wieder und häufiger von verschwundenen Greifen. […]

Der Greif jedoch, das heilige Geschöpf, konnte das Rätsel der Sphinx nicht lösen und fiel in sich zusammen, wie verbranntes Papier, das vom Wind verweht wird. Die Sphinx nahm sich sein Seelenlicht und stieg in die Nacht auf. Zurück blieben goldene Federn über Federn, welche die Gefährten sogleich einsammelten. […]

In der Burg bot sich den Gefährten eine wahrhaft morbide Szenerie, der kaum zu entnehmen war, ob nun der Burgherr von seinem Fräulein, oder gar umgekehrt, das Fräulein vom Burgherren, geknechtet wurde. […]

Der stramme Bergführer brachte die Gefährten bis an den Fuß des Berges auf dem sich die Grotte befand. Doch fiel er einem Geschöpf der Nacht zum Opfer, so dass die Gefährten ihre Reise an die Spitze des Berges ohne ihn fortsetzen mussten – allen Unwettern, der Kälte und dem Schnee zum Trotze. […]

In der Grotte bot sich ein gar schreckliches Bild. Ein Zauberer, wie aus Holz, hatte einen Greifen gefesselt und gemartert. Daneben eben jene Sphinx. Der Raum entzündete sich und das Feuer bereitete den Gefährten Qualen über Qualen, doch schritten sie tapfer voran. […]

Der schwarze Zauberer, er verschwand – nur die Götter wissen wohin und die Feuer vergingen, so schnell sie entstanden waren. Langsam sammelten sich die Gefährten wieder und gingen sogleich daran, den schwer verwundeten Greifen und die Sphinx näher in Augenschein zu nehmen. Die Sphinx ging sogleich in ihr Totenreich, während der Greif sich nach wenigen klaren Worten unter Getöse in die ewigen Höhen der Grotte erhob. Zurück blieb nur das heilige Schwert in den Händen des jungen Anführers. […]

Kaum hatten sie die Ausläufer der Sichel erreicht, zogen schon die ersten Flüchtlinge an ihnen vorbei. Wie eine Armee hatte sich der schwarze Heerwurm erhoben und zog nun erbarmungslos vom Wall des Todes in Richtung Wehrheim durch das Reich. Kein Dorf blieb ungeplündert, kein Bewohner wurde verschont. Ohne Gnade rekrutierte der Heerwurm. […]

Von dem Gesehenen gehetzt stürmten die Gefährten mit ihren Begleitern Richtung Schild des Reiches, die Bewohner zu warnen und in Eile den Widerstand einzuleiten.

In Wehrheim war bereits alles in Aufruhr. Sogar die Zwerge kamen mit ihrem König, um den Menschen in dieser Schlacht beizustehen. Auch die Königin der Menschen war zugegen und gab, trotz ihrer Jugend, ein gutes Bild und führte voller Stolz und Aufrichtigkeit. […]

So stellten sich Menschen und Zwerge, Krieger und Soldaten, Geweihte und Zauberer der größten, offenen Bedrohung des Reiches seit der Millenniumsschlacht. Siegessicher wähnten sie sich, doch der Alptraum der Menschen sollte auf diesem Schlachtfeld erst beginnen.

Wie der Schnitter hielten die Kaiserlichen Ernte unter ihren Gegnern. Kopf um Kopf trennte sich vom Leib, Klinge um Klinge zerbarst. Der Keil des Lichts bahnte sich seinen Weg ins Zentrum der Schlacht, immer auf den dampfenden Kessel zu. […]

Die Gefährten schlugen sich tapfer. So wirkte der gewaltige Gegenzauber und der Kessel implodierte sogleich. Doch was sie dann sahen, lies alle Zuversicht auf einen Sieg zunichtewerden. Hinter den ersterbenden schwarzen Wolken, die den Heerwurm begleitet hatten, offenbarte sich ein Ungetüm, so groß wie eine Stadt, mehr als eine Meile im Durchmesser: Eine fliegende Festung, gemacht nur aus einem Grund: Das Reich der Menschen zu zerstören. […]

Unter lautem Donnern erhob sich nun, was wir mit heutiger Kenntnis das Magnum Opus des Weltenbrandes nennen und fraß gleichwohl Mensch, Tier, Stahl und Stein. Es grub tiefe Spalten in das Schlachtfeld und machte nicht halt vor Alt und Jung, Bewaffnet oder Fliehend. Wehrheim ging in einem Sturm aus Feuer und Stein unter, die einst unbeugsame Stadt begrub Magd und Knecht, Ritter und Heiler unter sich. Helden und Anführer, Hochgeweihte und Erzzauberer, alle Waren sie gefallen. Auch die Königin hatte den Weg über das Nirgendmeer bereits angetreten, als die Gefährten sich ihrer Lage bewusst wurden.“

Der Magier legte den Brief beiseite. Schweiß stand ihm auf der Stirn. Er wusste, was dieser Brief bedeutete. Er kannte die Prophezeiung. Der Magier wischte sich mit der Hand über das Gesicht und betrachtete sein Siegel. Langsam wanderte sein Blick von seinem Siegel über die Stadt, kurz hielt er am großen Tor inne und fragte sich, ob es dem kommenden Sturm wohl trotzen könne. In den Fenstern der Stadt gingen die ersten Lichter an. Die heiße Sonne war fast versunken und die kühle der anbrechenden Nacht senkte sich über den Berg. Der Magier ließ kurz seine Gedanken schweifen und sammelte sich. Dann entzündete er eine große Kerze und setzte er sich wieder auf sein Kissen. Er nahm den Brief in die Hand und atmete tief ein, so wie kurz vor dem Sprung. Dann las er weiter…


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